PREMIERE Sa. / 29.03. / 19:30 Uhr / Theater am Alten Markt
NATHAN DER WEISE
Gotthold Ephraim Lessing
Nächste Termine 05.04. / 09.04. / 10.04. / 15.04. / 23.04. / 24.04. / 02.05. / 03.05. /
22.05. / 23.05. / 27.05. / … Karten T. 0521 51 5454 // www.theater-bielefeld.de
Inszenierung Konrad Kästner, Dariusch Yazdkhasti Video Konrad Kästner Bühne und
Kostüme Julia Hattstein Licht Martin Quade Dramaturgie Ralph Blase Mit Georg
Böhm, Clara Fenchel*, Carmen Priego, Thomas Wehling, Faris Yüzbaşıoğlu
*Mitglied des Bielefelder Studios
Lessings »Nathan«: Das ist Aufklärung inklusive Toleranz zwischen den drei monotheistischen
Religionen Islam, Judentum und Christentum – oder?
Kreuz und quer durch Jerusalem verlaufen in »Nathan der Weise« die Gräben
zwischen den Figuren, vor dem Hintergrund politischer und religiös gefärbter
Spannungen, es drohen erneute Aufstände oder sogar Krieg. Tempelherr Kurt
hadert als Kreuzzügler damit, dass er Recha, die Ziehtochter Nathans, aus dem
brennenden Haus des Juden rettete. Und Sultan Saladin will von Nathan wissen,
was für ein Glaube, was für ein Gesetz ihm am meisten eingeleuchtet habe. Der
Umstand, dass der Sultan dringend Geld von Nathan braucht, um seine leere Kasse
aufzufüllen, birgt zusätzliche Brisanz. Mit einem »Geschichtchen«, der Ringparabel,
gelingt es Nathan, den Sultan zu überzeugen: Keine Religion kann für sich in
Anspruch nehmen, die einzig wahre zu sein.
Gleichzeitig schickt Lessing sein Personal durch viele von Vorurteilen und tiefer
Abneigung geprägte Konfliktfelder, in denen sie sich zurechtfinden und bewähren
müssen. Können sie diese auch überwinden und vielleicht sogar jenseits ihrer
vermeintlichen Lager zueinander finden? Der Autor knüpft zu guter Letzt familiäre
Bande zwischen seinen Figuren, trotz ihrer Unterschiedlichkeiten, verschiedenen
religiösen Zuordnungen und Herkünften.
Spätestens bei dieser Familienzusammenführung wird klar: Einiges knirscht in
Lessings »Nathan« und diese Ungereimtheiten fordern heraus, die eigene
Gegenwart zu befragen, in der Unversöhnlichkeiten und Konflikte den Alltag
unseres Zusammenlebens und die politische Weltlage prägen.
Nach »Faust 2« in der Spielzeit 2018/19 nähern sich Videokünstler Konrad Kästner
und Regisseur Dariusch Yazdkhasti erneut gemeinsam einem Stoff auf filmischer
Ebene und im Live-Spiel der Darsteller*innen auf der Bühne. Die Handlung des
Stücks wird mit eigens für die Produktion erstellten Filmszenen verwoben, für die
das Ensemble Orte und Personen in Bielefeld und anderswo aufsuchte. Die
aktuellen Bezüge, die sich in Lessings Text finden, rücken so noch offensichtlicher in
unsere Gegenwart. Die Szenen aus »Nathan der Weise« und die entstandenen Filme
ergeben einen vielfältigen Blick auf den lessingschen Vorzeigetext der Aufklärung.
INSZENIERUNG
Dariusch Yazdkhasti, 1973 in Krefeld geboren und dort sowie im Iran aufgewachsen,
studierte zunächst Philosophie und Kunstgeschichte in Köln und wechselte
dann zum Studiengang Schauspielregie an die Universität Hamburg. Er war Stipendiat
des internationalen Forums des Berliner Theatertreffens und belegte an der
LMU die Weiterbildung Theater- und Musikmanagement. Seit 1997 entstanden
zahlreiche Regiearbeiten. Er arbeitete u.a. an der Studiobühne Köln, dem FFT
Düsseldorf, Kampnagel Hamburg, am Thalia Theater, in Osnabrück, Heidelberg, am
Staatstheater Mainz, am Staatstheater Braunschweig, am Staatstheater Kassel und
am Theater Kiel, wo er auch ab 2009 als Hausregisseur tätig war.
Mit Beginn der Spielzeit 2018/19 wurde er Hausregisseur am Theater Bielefeld, mit
dem ihn eine langjährige Zusammenarbeit verbindet. Seit der Spielzeit 2021/22 ist
er hier Schauspieldirektor. Seine Inszenierung von »Konstellationen«, die 2017 zum
NRW-Theatertreffen eingeladen wurde und den Preis für die beste Inszenierung
sowie den Publikumspreis erhielt, war sieben Jahre auf dem Spielplan. Zuletzt
inszenierte Dariusch Yazdkhasti in Bielefeld u. a. die Romanadaptionen »Ellbogen«
von Fatma Aydemir, »Text« von Dmitry Glukhovsky, »Neujahr« von Juli Zeh und
»Mephisto« von Klaus Mann, die Weihnachtsmärchen »Aladin und die Wunderlampe
« und »Pinocchio«, die Uraufführung von Dominik Buschs »Deinen Platz in der
Welt« sowie »Stolz und Vorurteil*(*oder so)«, Florian Zellers »Vater«, Schillers
»Kabale und Liebe«, Shakespeares »Was ihr wollt«, Thomas Köcks »antigone. ein
requiem« und Bess Wohls »Rosige Aussichten«.
Der freie Regisseur und Videokünstler Konrad Kästner stammt aus Leipzig, arbeitete
mehrere Jahre als Researcher und Regieassistent für Werbefilme in Südafrika und
studierte anschließend Regie an der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad
Wolf« in Potsdam Babelsberg. Sein Film »Kathedralen« wurde u.a. mit dem Max-
Bresele-Preis für politisch relevanten Film ausgezeichnet und hat sich für den
Academy Award 2015 qualifiziert. Er führte die Videoregie bei zahlreichen Opern
und Theaterstücken u.a. am Theater Bielefeld, den Kammerspielen des Deutschen
Bühnen und Orchester der Stadt Bielefeld · Brunnenstraße 3 – 9 · 33602 Bielefeld
Intendanz: Michael Heicks · Nadja Loschky / Verwaltungsdirektorin: Stefanie Niedermeier
Theaters Berlin, den Staatstheatern Kassel, Braunschweig, Mainz und Karlsruhe, am
Theater Lübeck und an der Oper Halle (Saale). Mit eigenen Inszenierungen wie »Der
Auftrag«, »Die Möglichkeit«, »Das Material«, »Faust 2« und »Apokalypse, bitte!«
am Theater Bielefeld befasst sich Konrad Kästner mit neuen Wegen im Recherchetheater
und der ästhetischen Verknüpfung von Dokumentarfilm, Theater und Interaktion.
Fotos Joseph Ruben