Italo Svevo – Zenos Gewissen
<Es war wohl Liebe auf die ersten fünf Seiten>, urteilte Eckhard Henscheid in seiner Svevo Preisrede 2004 über diesen Jahrhundertroman, ein großartiges, raffiniertes Meisterwerk zwischen Mann, Beckett, Voltaire und Montaigne. Heute zählt Svevo fraglos zu den großen Romanciers vom Beginn des letzten Jahrhunderts. Das war nicht immer so, zumal in Italien waren Sevevos Rang und Bedeutung heftig umstritten, auch 1925 als dieser dritte und letzte Roman von ihm erschien.
Es gibt neben ihm, vielleicht mit Ausnahme von Samuel Beckett , der die Endlichkeit menschlichen Lebens mit ähnlich duldsamer Fassung hingenommen und beschrieben hat, wie der Italiener Svevo.
Er hat das Altern, das ins Leben vorverlegte Sterben, mit einer Standhaftigkeit angenommen, als sei das Ende des Menschen die einzige ordentliche Verrichtung, die eine Person zeitlebens zustande bringen kann.Unter den Verfassern der Weltliteratur ist er einer der wenigen, der seine Leser für nichts einnehmen und von nichts überzeugen will. Er ist ein Autor ohne belehrenden Tonfall und ohne erhobenen Zeigefinger. Svevos literarische Liebenswürdigkeit hat schon manchen Leser insoweit verführt, seinen Ernst und seine ausweglose Wahrhaftigkeit nicht zu sehen.
Denn <das Leben ist weder hässlich noch schön, es ist originell>, sagt Zeno Cosini, der Held dieses Romans. Zeno Cosini, ein junger Triester Kaufmann, will die schöne Ada heiraten. Während eines geselligen Abends im häuslichen Kreis der Auserwählten macht er (das Zimmer ist verdunkelt, die Familie unterhält sich bei spiritistischen Übungen ), aus Versehen Adas schielender Schwester Augusta die Liebesgeständnisse. Die überraschte Augusta nimmt den Antrag schicksalsergeben an. Cosini erschrickt zwar kurz, greift aber nicht korrigierend in seine falsche Liebesgeschichte ein, sondern fügt sich dem von ihm selbst eingeleiteten Geschick. Am Ende heiratet Zeno Cosini nicht Ada sondern Augusta, ohne sie recht zu begehren und ohne jemals aufhören zu können, sich nach der verfehlten Ada zu sehnen.
Hier bewahrheitet sich wieder Zenos Credo<Das Leben ist weder hässlich noch schön, sondern originell. Grundlage der Ironie sind wieder überraschend frei werdende Einsichten in die laufende Überschätzung von Lebensentscheidungen. Svevos Text steckt voller sprachlicher Raffinesse und Triester Sprachtönungen, die in der Neuübersetzung von Barbara Kleiner eine adäquate deutsche Form gefunden hat. Kenner und Liebhaber der italienischen Sprache können parallel zum deutschen Text Svevos Originaltext verfolgen, der jeweils -seitengenau gegenübergestellt ist.
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