Frühmittelalterliche Wallburgen im Fokus
Archäologische Forschungen sollen neue Erkenntnisse zu Bauweise, Befestigung und Datierung liefern
Was verbirgt sich unter dem grünen Bewuchs der lippischen Hügel? Dieser Frage geht ein groß angelegtes Forschungsprojekt der Altertumskommission für Westfalen nach. Im Zentrum stehen rund 30 Wallburgen aus dem Frühmittelalter – ringförmig oder mehrteilig angelegte Erd- und Steinbefestigungen, deren Wälle oft noch als Hügelzüge im Gelände zu erkennen sind. Sie liegen über ganz Westfalen verteilt – darunter auch drei bedeutende Anlagen im Kreis Lippe: der Tönsberg bei Oerlinghausen, die Herlingsburg bei Schieder und eine Befestigung in Alt-Schieder.
Ziel des Projekts ist es, die Funktion dieser Burgen im 8. und 9. Jahrhundert – zur Zeit Karls des Großen – besser zu verstehen. Als mögliche Machtzentren der sächsischen Oberschicht geben sie Aufschluss über politische Strukturen, Siedlungsmuster und militärische Strategien jener Zeit. Da schriftliche Quellen aus der Sachsenzeit nur lückenhaft überliefert sind, sind archäologische Befunde umso wertvoller.
In Lippe wird das Projekt von Fachleuten des Lippischen Landesmuseums Detmold begleitet, das als Einrichtung des Landesverbandes Lippe auch für die Bodendenkmalpflege im Kreis zuständig ist. Bei den aktuellen Untersuchungen an der Herlingsburg bei Schieder war zudem ein internationales Team im Einsatz: Im Rahmen eines bereits seit 2017 bestehenden Kooperationsprojekts zur Erforschung lippischer Wallanlagen arbeiteten auch Studierende und Wissenschaftler der Universität Cardiff mit.
Zum Einsatz kommen moderne Verfahren, die den Boden möglichst unversehrt lassen, etwa die sogenannte Rammkernsondierung: Eine hohle Metallstange wird maschinell bis zu drei Meter tief in den Boden getrieben. Der entnommene Boden- oder Wallkern erlaubt Rückschlüsse auf Aufbau und Nutzung der Anlage. Holzkohlereste oder andere organische Funde können naturwissenschaftlich untersucht und datiert werden – ohne die Wallanlagen dabei sichtbar zu beschädigen.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit westfälischen und internationalen Partnern zeigt eindrucksvoll, wie moderne Archäologie Geheimnisse vergangener Jahrhunderte aufdecken kann. Erste Ergebnisse des Projekts sollen ab Ende 2026 der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Bildunterschriften:
Der entnommene Boden- oder Wallkern erlaubt Rückschlüsse auf Aufbau und Nutzung der Anlage / Lippisches Landesmuseum Detmold
Rammkernsondierung: Eine hohle Metallstange wird maschinell bis zu drei Meter tief in den Boden getrieben./ Lippisches Landesmuseum Detmold