Jetzt sechs Mitglieder im Bielefelder Studio
Seit Beginn der Spielzeit setzen zusätzlich drei Artists in Residence frische Impulse für neue Erzählformen und Organisationsstrukturen bei den Bühnen und Orchester Bielefeld. Die Bühnen und Orchester der Stadt Bielefeld sind bekannt dafür, sich intensiv interdisziplinären und zukunftsweisenden Themen zu widmen – sowohl in der künstlerischen Gestaltung als auch im Hinblick auf Organisationsstrukturen für ein
innovatives Stadttheater. Aus diesem Antrieb heraus gründete das Haus bereits 2019 im Rahmen der ersten Förderrunde von »Neue Wege« – ein Programm der Landesregierung NRW zur Weiterentwicklung der Profile kommunaler Theater- und Orchesterbetriebe – das spartenübergreifende Bielefelder Studio.
Das Bielefelder Studio umfasst seit Beginn drei Darsteller*innen aus Musiktheater, Schauspiel und Tanz, die sich eine Spielzeit lang in allen Sparten weiterbilden. »In diesem bundesweit einmaligen Modellprojekt reift eine neue Generation von Bühnenkünstler*innen heran, die die Grenzen der Genres selbstverständlich überschreitet«, erklärt Intendant Michael Heicks. Zusätzlich zu den Studio-Darsteller*
innen sind seit der aktuellen Spielzeit 2024/25 mit Sina Ahlers, Zara Ali und Katharina Mänz drei Artists in Residence in den Bereichen Schreiben, Komponieren und Medienkunst Teil des Studios. Sie sind – genauso wie die drei aktuellen Darsteller*innen – für zwei Spielzeiten bei den Bühnen und Orchestern der Stadt Bielefeld tätig und werden in dieser Zeit in den verschiedenen Sparten arbeiten.
Zudem gibt es im Rahmen des Studios seit der Spielzeit 2023/24 mit Alban Pinet einen Inter-Sparten-Manager, der den spartenübergreifenden Spielbetrieb sowohl inhaltlich als auch strukturell vorantreibt. Die drei Künstler*innen Sina Ahlers, Zara Ali und Katharina Mänz sind in dieser Spielzeit bereits in viele Projekte maßgeblich eingebunden: Zara Ali komponierte die Musik für das Schauspielstück »Wolf« und die Bielefelder Philharmoniker werden ihr Orchesterwerk »Baby Bot Builds a Musicbox« im Rahmen des Festivals für Neue Musik am kommenden Wochenende aufführen. Die Autorin Sina Ahlers schrieb das Recherche-Stück »Die Allianz«, das am 17.05.25 im TAMZWEI zur Uraufführung kam. Die Medienkünstlerin Katharina Mänz arbeitete an dem Schauspielstück »Der große
Gatsby« und der Oper »Die griechische Passion« mit. Alle drei freuen sich besonders auf ihr eigens und gemeinsam entwickeltes Projekt, das in der nächsten Spielzeit2025/26 zur Uraufführung kommt: Inspiriert von Motiven des Märchens » Der Fischer und seine Frau»
setzen sie sich in »Kritter« (Arbeitstitel) mit den Themen Fluss, Wandel, Identität und Sehnsucht auseinander. Geplant ist eine HipHopera
(Hip-Hop-Oper), in der Musik, Sprache und Bewegung zu einer dynamischen Erzählweise verschmelzen sollen. Live-Instrumente und ein interdisziplinäres Ensemble kreieren eine neue Theatererfahrung. Damit wollen sich Sina Ahlers, Zara Ali und Katharina Mänz eine zentrale Frage stellen: Welche neuen Erzählformen und Ästhetiken können entstehen, wenn die Grenzen zwischen den Sparten aufgelöst
werden? »Kritter« kommt am 29.05.26 in einer Inszenierung von Nick Westbrockzur Premiere im Theater am Alten Markt.
Ergänzend zum Bielefelder Studio haben die Bühnen und Orchester eine Steuerungsgruppe für Organisationsentwicklung ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, die strukturellen Voraussetzungen für spartenübergreifende Zusammenarbeit zu schaffen, die Organisation agiler zu gestalten und Veränderungskompetenzen im Haus zu verankern. »Wir haben uns bewusst dazu entschieden, neue Wege zu
beschreiten«, sagt Intendantin Nadja Loschky. »Dieses Projekt und die damitverbundenen Herausforderungen und Chancen dienen als Hebel für Transformation und ermöglichen es uns, unsere Arbeitsstrukturen und -kulturen zu reflektieren und zu verändern.«
BIOGRAFIEN der Artists in Residence
Sina Ahlers (*1990) schreibt Dramatik und Prosa. Sie lebt in Frankfurt am Main.
2020 machte sie ihren Abschluss im Szenischen Schreiben an der Universität der Künste Berlin. Ihr erstes Stück »Schamparadies« wurde für den Heidelberger Stückemarkt nominiert. Für die documenta fifteen entwickelte sie mit dem KollektivArt paizipative Performance »Future Fossil Factory« zum Thema Fossilien/Fossile Energie. Außerdem kooperiert sie mit dem Performance Kollektiväöü, zuletzt für »Geh zur Ruh«, eine Produktion über die Geschichte der Kur. IhreKurzprosa »Originale« wurde bei dem 27. Open Mike mit dem Preis für Prosa und dem taz-Publikumspreis ausgezeichnet.2022 hatte sie ein Aufenthaltsstipendium des Berliner Senats am Literarischen
Colloquium Berlin inne. Im September 2023 wurde »Sie sagen Täubchen, ich sagTaube« in der Regie von Fanny Brunner am Jungen Landestheater Detmolduraufgeführt, ein Präventionsstück zum Thema sexueller Missbrauch/sexual consent. Außerdem erhielt sie das Elsa-Neumann-Stipendium des Landes Berlin und eine Förderung vom Deutschen Literaturfonds für ein Stück über Leihmutterschaft,
das unter dem Titel »Milch und Schuld« im Dezember 2024 am Staatstheater Kassel zur Premiere kam.
Zara Ali (*1995) ist eine Komponistin aus Memphis, USA, die in Deutschland lebt. Ihr genreübergreifender Stil verbindet klassische Idiome mit Elementen aus Heavy Electronica, Hip-Hop und mehr, wodurch lebendige Klanglandschaften entstehen, die sich durch reiche mikrotonale Harmonien und elektroakustische Klangfarben auszeichnen. Zentral für ihre Arbeit ist die Umsetzung struktureller Konzepte wie Geometrie, Kinetik und Temporalität in Klang, was zu Programmen führt, die sowohl klangliche Tiefe als auch konzeptionelle Komplexität erkunden. Ihre Musik wurde in Europa, Nordamerika und Asien aufgeführt, unter anderem im Konzerthaus Berlin,
bei der Gaudeamus Muziekweek, dem impuls Festival für Neue Musik, der cresc. Biennale für aktuelle Musik Frankfurt Rhein Main, dem Royaumont Festival, dem Archipel Festival, dem Tanglewood Festival und dem Seoul International Computer
Music Festival.
Im Jahr 2023 gewann sie den renommierten Gaudeamus Award und auch die »New Scenes VII« der Deutschen Oper Berlin. 2022 erhielt sie den Felix Mendelssohn Bartholdy-Preis im Rahmen des Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerbs, dem ältesten klassischen Musikwettbewerb Deutschlands, sowie den Sonderpreis der Freunde Junger Musiker Deutschland. 2021 erhielt sie das JACK
Studio Award-Stipendium des JACK Quartet. 2017 wurde ihr der Robert H. Burns-Preis für Kammermusikomposition in den USA verliehen. Zara Ali schloss ihr Bachelor-Studium an der Columbia University in New York ab, wo sie Philosophie, Anthropologie und Musik studierte, und erwarb 2022 ihren Master in Komposition an der Hochschule für Musik Detmold. Von 2022 bis 2023war sie Composer-in-Residence der Internationalen Ensemble Modern Akademie. Zudem erhielt sie zahlreiche Stipendien, darunter im Künstlerdorf Schöppingen und im Künstlerhaus Lauenberg in Deutschland.
Katharina Mänz (*1993) ist eine in Leipzig ansässige Künstlerin und Filmemacherin, die an der Schnittstelle von Dokumentarfilm, performativem Theater und experimentellem Video arbeitet. Ihre interdisziplinäre Praxis zeichnet sich durch die Kombination dokumentarischer und performativer Erzählstrategien aus, wobei sie besondere Aufmerksamkeit auf die taktilen Qualitäten des Mediums Film sowie die Erweiterung des filmischen Erlebnisses durch innovative, experimentelle Methoden legt. Dabei lässt sich ihre theoretische Herangehensweise maßgeblich von einer intersektionalen Perspektive der queeren Theorie beeinflussen. Katharina absolvierte ein Bachelor-Studium in Szenischen Künsten mit Schwerpunkt Medien und Theater an der Universität Hildesheim und erwarb 2023 ihren Master- Abschluss in Media Art and Design an der Bauhaus-Universität Weimar. Im Rahmen ihrer Ausbildung sammelte sie internationale Erfahrungen durch Studienaufenthalte am Dundalk Institute of Technology in Irland und an der Concordia University in
Montreal, Kanada.