PREMIERE Sa. / 05.04. / 19:30 Uhr / Stadttheater
URAUFFÜHRUNG
INNEN · LEBEN
Nächste Termine 13.04. / 25.04. / 01.05. / 03.05 / 13.05 / 28.05 / …
Karten 10 – 48 € / T. 0521 51 5454 // www.theater-bielefeld.de
Zweiteiliger Tanzabend von Paloma Muñoz
und Johannes Wieland
soft core (1. Teil) wunderland (2. Teil)
Choreografie Paloma Muñoz Choreografie Johannes Wieland
Komposition Alejandro da Rocha Komposition Donato Deliano
Bühne Momme Röhrbein Kostüme Angelika Rieck Licht Carsten Lenauer
Dramaturgie Felix Berning Choreografische Assistenz Richèl Wieles
Getanzt von Theo Arran, Dorėja Atkočiūnas, Rhiannon Beausoleil-Morrison,
Mathilde Belin, Félix Bossard, Hampus Larsson, Andrea Martín, Hiro Murata, Chiara
Pareo, Jacob Phillips, Naomi Shirel Turnpu
Für diese doppelte Uraufführung teilen Paloma Muñoz und Johannes Wieland den
Wunsch, die rasante Zeit anzuhalten, um sich auf authentischen Dialog einzulassen.
Ohne vorgefertigte dramaturgische Schablonen ließen sie die Thematik ihrer jeweiligen
Werke aus der Begegnung mit den individuellen Tänzer*innen wachsen. Sie
schaffen Räume, in denen das Innere sichtbar wird – Räume, in denen wir uns mit
unserem eigenen Innenleben konfrontieren. In einer flüchtigen Welt provoziert
dieser Doppelabend das Menschsein.
Mit soft core schafft Paloma Muñoz einen Ort der Rückbesinnung: Von der betäubenden
Reizüberflutung zurück zum Ursprünglichen und Sinnlichen. »Ich interessiere
mich dafür, was es ausmacht, das uns am Tanz so tief berührt – jenseits von
Worten und rationalem Denken. Dem gegenüber stelle ich das Bild eines Körpers,
der mit Informationen übersättigt ist, aber dennoch kalt und retuschiert erscheint.
Ein Körper, der sich nach echten Gefühlen sehnt. Diese Sehnsucht nach dem eigenen
Gefühl bricht schließlich durch eine künstliche Hülle und heißt das Instinktive,
Bühnen und Orchester der Stadt Bielefeld · Brunnenstraße 3 – 9 · 33602 Bielefeld
Intendanz: Michael Heicks · Nadja Loschky / Verwaltungsdirektorin: Stefanie Niedermeier
das Hedonistische und den Genuss willkommen.« So beschreibt Paloma Muñoz ihre
Vision.
Inspiriert von der Rothko-Kapelle in Houston wird der minimalistische Bühnenraum
zu einem Ort der Begegnung und Besinnung. Der Tanzteppich wird bis an die vorderste
Bühnenkante verlängert, um die Unmittelbarkeit der Performance zu unterstreichen.
Muñoz lässt nicht nur die Tänzer*innen das pure Vergnügen an Bewegung
spüren, sondern lädt auch das Publikum dazu ein. Wie in vielen ihrer Kreationen
arbeitet die Choreografin auch in soft core mit Live-Sound, der die Bewegungen
verstärkt und eine eigene Kommunikationsebene für das Ensemble schafft, während
er die Texturen unseres Innenlebens betont. Zu Neukompositionen von
Alejandro da Rocha entwickeln sich sanfte Klänge bis hin zu elektronischem Techno
– parallel zum wachsenden Gefühlsspektrum der Körper.
Johannes Wieland positioniert sich mit wunderland in einer Weltordnung, die
scheinbar nicht von Vernunft, sondern von der lautesten Lüge angeführt wird. Das
Stück thematisiert das Anzünden der Demokratie und politische Kräfte, die sich eher
von Frustration als von Hoffnung nähren. Nicht das erste – und sicher auch nicht das
letzte Mal in unserer Geschichte. Konkret werden hier Donald… Duck und Alice… im
Wunderland als dystopische Sympathieträger*innen erwähnt. Immer wieder kehrt
das Stück zu einer Unterhaltung zwischen zwei Personen zurück, die von der Welt
überdrüssig sind. In ihnen entsteht das scheinbar unerfüllbare Bedürfnis: »Lasst uns
einfach mal was Schönes machen! Schließlich scheint es, als wären wir alle emotional
weit voneinander entfernt.« wunderland unternimmt den Versuch, sich vom
Gewicht der Welt zu befreien – eine Einladung, näher zusammenzurücken und nach
einem gemeinsamen Nenner zu suchen. Ein Austausch, der das Individuum wiederum
zu Stärke verhilft.
Bühnenbildner Momme Röhrbein, der beide Räume des Doppelabends entworfen
hat, lässt einen gläsernen Kubus entstehen, der mitten auf der Bühne als vermeintlicher
Rückzugsort fungiert und gleichzeitig als Resonanzraum der eigenen Gedanken
dient. Hier wird das Innenleben des kollektiven Bewusstseins exponiert. In
diesem beengten, rohen Raum verhandeln die Tänzer*innen ehrliche, unverfälschte
Gemütszustände, während draußen die Regeln des Innenlebens keine Gültigkeit
mehr haben. Wahrheit wird plötzlich ein dehnbarer Begriff.
Ebenfalls zum Team gehören: Komponist Donato Deliano mit einem elektronischen
Score und Kostümbildnerin Angelika Rieck, die eine genderfluide und nahezu uniformierte
Gesellschaft für wunderland kleidet. Ein Ensemble, eine Band, ein Kollektiv –
ein gesellschaftlicher Querschnitt, der eine auf den Kopf gestellte Lebensrealität
verarbeitet. Mal mehr, mal weniger erfolgreich.
Nächste Termine 13.04. / 25.04. / 01.05. / 03.05 / 13.05 / 28.05 / …
Karten 10 – 48 € / T. 0521 51 5454 // www.theater-bielefeld.de
CHOREOGRAFIE
Paloma Muñoz ist eine spanische Choreografin und Tänzerin aus Extremadura, die
in Barcelona lebt und arbeitet. Nach ihrem Abschluss in Choreografie und Performance
am Conservatori Superior del Institut del Teatre in Barcelona tanzte sie unter
anderem bei IT Dansa, Metros (Ramón Oller), Thomas Noone Dance und Norrdans
in Schweden, bevor sie sich verstärkt der Choreografie widmete.
2017 gründete sie ihr eigenes Projekt unter dem Namen Siberia, das mit dem
Kurzstück »La Piel Vacía« beim Premi de Dansa des Institut del Teatre als Finalist
ausgezeichnet wurde. Das Stück gewann Preise bei renommierten Wettbewerben
wie dem Certamen Coreográfico de Madrid und dem CICC Copenhagen International
Choreography Competition. Die abendfüllende Version von »La Piel Vacía« hatte
2018 im Sat Teatre Premiere und wurde ab 2020 im Rahmen des schwedischen
Netzwerks DanceNetSweden international aufgeführt. 2022 erhielt sie für »La Piel
Vacía« den Bern Dance Award bei der Tanzplattform Bern. Mit Siberia entwickelt sie
sowohl Bühnenwerke wie »L.E.V.E. (Light and Easy Vanishing Event)« als auch ortsspezifische
Produktionen, darunter »Blackpool« für das CaixaForum oder »Stone &
Silk« für das Castell de Montjuïc. Ihre Werke touren international und werden in
Spanien, Schweden, der Schweiz und Portugal präsentiert.
Seit der Spielzeit 2024/25 ist Paloma Muñoz assoziierte Künstlerin am Mercat de les
Flors, wo sie im Rahmen des Cèl·lula-Projekts im Oktober 2024 ihr neues Stück »La
Quijá« uraufführte. Als Gastchoreografin arbeitet sie regelmäßig für europäische
Kompanien wie das Theater Münster und das Ballett Bern. Zudem gibt sie Workshops
an renommierten Einrichtungen wie dem Institut del Teatre in Barcelona,
Danza 180° in Madrid oder der D.A.F. Dance Arts Faculty in Rom.
Neben ihrer choreografischen Arbeit engagiert sie sich auch in filmischen und
audiovisuellen Projekten und bringt ihre einzigartige künstlerische Sprache, die
durch physische Intensität, Form, Klang und Ironie geprägt ist, in unterschiedlichste Kontexte ein.
Johannes Wieland ist in Berlin geboren, absolvierte seinen Bfa an der Universität
der Künste in Amsterdam und arbeitete viele Jahre in verschiedenen Kompanien mit
zahlreichen Choreografen. Nach seinem Engagement beim Béjart Ballet Lausanne,
zog er nach New York, wo er seinen Mfa in zeitgenössischem Tanz und Choreografie
an der NYU/Tisch School of the Arts erhielt. Dort gründete er die Kompanie
johannes wieland und baute gleichzeitig 15 Jahre lang als Hauschoreograf, künstlerischer
Leiter und Direktor die zeitgenössische Tanzkompanie am Staatstheater Kassel auf.
Sein anhaltendes cineastisches Interesse verwirklichte er als Filmregisseur, darüber
hinaus entstehen genre-übergreifende Arbeiten mit der in Berlin gegründeten
Kompanie mind eraser/johannes wieland. Neben Auftragsarbeiten und derLehrtätigkeit
für Kompanien und Universitäten wurden seine von der Kritik
gefeierten Stücke weltweit zu Festivals und Veranstaltungen eingeladen.
Johannes Wieland ist auch Direktor und Kurator von b12 – dem Festival für
zeitgenössischen Tanz und Performancekunst, das jährlich in Berlin stattfindet.
Er ist 1. Preisträger des Kurt Jooss Preises und erhielt viele andere Preise, Anerkennungen,
Stipendien und Förderungen, u.a. ist seine Inszenierung und Choreografie
»you will be removed« für den deutschen Theaterpreis Der Faust nominiert
worden. Er arbeitet daran, Kunst nicht zu kategorisieren.
Wieland hat sich auch einen Namen als Tänzpädagoge gemacht. Er gab bzw. gibt
Unterricht u. a. an der New York University, an der Juilliard School (New York), beim
AURA Dance Theatre in Kaunas (Litauen), an der Folkwang-Hochschule in Essen, am
Oldenburgischen Staatstheater und an der Hochschule für Musik Köln.
BÜHNE
Momme Röhrbein wurde in Berlin geboren, wuchs dort, in New York und Havanna
auf. Seit 1990 ist er als Ausstatter an fast allen großen Bühnen im deutschsprachigen
Raum tätig, unter anderem am Residenztheater München, Deutschen Schauspielhaus
Hamburg, Thalia Theater Hamburg, Staatsschauspiel Dresden, Akademietheater
Wien, Volkstheater Wien, Maxim Gorki Theater Berlin, Berliner Ensemble,
RenaissanceTheater Berlin, Saarländischen Staatstheater, Staatstheater Kassel,
Teatro Nacional de São Carlos in Lissabon, Nationaltheater Mannheim, Ruhrtriennale,
Theater Augsburg, Theater Lübeck, Landestheater Linz, an der Oper Basel,
Oper Köln, Deutschen Oper Berlin, Oper Leipzig. Er entwarf Bühnenbilder für
Regisseure wie Matthias Hartmann, Leander Haußmann, Wolfgang Hofmann,
Anthony Pilavachi, Stephan Suschke, Antoine Uitdehaag, Markus Völlenklee,
Monique Wagemakers, Guntbert Warns, Johannes Wieland und Katharina Thalbach.
KOSTÜME
Angelika Rieck studierte Kunst und Design an der Fachhochschule Köln. Danach
begann sie als Assistentin von Axel Manthey am Schauspiel Köln und der Oper
Frankfurt zu arbeiten. Seit 1990 arbeitet Angelika Rieck an diversen Theater- und
Opernhäusern im gesamten europäischen Raum. Zu ihren Stationen gehörten
bisher etwa das Schauspielhaus Hamburg, das Residenztheater München, das
Burgtheater Wien, die Oper in Lissabon, das Theater Basel, das Theater Erfurt, das
Theater Lübeck sowie die Kölner Oper. In dieser Zeit hatte Angelika Rieck die
Gelegenheit, mit namhaften Regisseuren wie Matthias Hartmann, Katharina
Thalbach, Didier von Orlowsky und Anthony Pilavachi zusammenzuarbeiten.
In Berlin hat sie darüber hinaus am Berliner Ensemble an Claus Peymanns
Inszenierungen von »Die Mutter« sowie den Peter Handke-Uraufführungen
»Untertagblues« und »Spuren der Verirrten« mitgewirkt. Im Jahr 2011 entwarf sie
die Kostüme für Katharina Thalbachs Inszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts
»Die Zauberflöte« bei den Seefestspielen am Berliner Wannsee.
Fotos Jubal Battisti