DIE OPTIMISTINNEN
Roman unserer Mütter
Gün Tank
Nächste Termine 19.05. / 30.05. / 07.06. / 08.06. / 14.06. / 16.06. / 21.06. / 25.06. / 29.06. / 30.06. / 04.07. / … Karten T. 0521 51 5454 // www.theater-bielefeld.de
Inszenierung Murat Yeginer / Bühne Beate Zoff / Kostüme Sandra Maria Paluch / Musik Eren Akşahin, Oliver Siegel / Dramaturgie Irene Wildberger / Mit Mayan Goldenfeld, Fabienne-Deniz Hammer, Carmen Priego, Rosalia Warnke, Faris
Yüzbaşıoğlu / Band Eren Akşahin, Till Menzer, Oliver Siegel
Es ist Anfang der 1970er-Jahre: Nour verlässt Istanbul, um in Deutschland Geld zu verdienen. Sie fällt auf mit ihrem Minirock; die Dorfbewohnerinnen in der Oberpfalz tragen meist lange Röcke, manche auch Kopftuch. Im beengten Wohnheim zwischen Frauen aus Spanien, Griechenland, der Türkei und vielen anderen Ländern geht es lebhaft zu. In der Porzellanfabrik bestimmen Stechuhr, harte körperliche Arbeit und der prüfende Blick des Vorarbeiters ihr Dasein. Auf dem Friedhof findet Nour Ruhe und einen Lieblingsplatz: am Grab einer jungen Frau aus den 1920ern, die für die Rechte der Arbeiterinnen kämpfte. Auch Nours Gerechtigkeitssinn ist stark. b Auf der Wiese hinter dem Wohnheim formuliert sie mit ihren Freundinnen und Arbeitskolleginnen ihre Forderungen: Sprache! Bildung! Lohn!
Fotos Philipp Ottendörfer
Gün Tanks »Roman unserer Mütter« füllt eine Leerstelle in der männlich geprägten Geschichte der sogenannten »Gastarbeiter*innen«. Er erzählt von (weiblicher) Solidarität und dem enormen Beitrag, den diese Frauen deutschlandweit im Arbeitskampf geleistet haben. Genau da setzt Murat Yeginer an, der nicht nur Regie führt, sondern auch die Fassung für diesen Abend erstellt. Er setzt den Fokus einerseitsauf die historischen Proteste, die von vielen Frauen aus verschiedensten Ländern inden deutschen Fabriken ausgingen und welche schließlich in mehreren Streiks
endeten. Andererseits erzählt er die Geschichte rund um Nour und ihren Freundinnen, wie sie neu in einem fremden Land ankommen und in kürzester Zeit ein ganz neues Leben führen (müssen). Dabei lässt Yeginer das zart Poetische, was in diesen individuellen Lebensgeschichten liegt, nicht aus.
Visuell werden wir in die 1970erJahre versetzt (Kostüme: Sandra Maria Paluch). Fünf Schauspieler*innen verkörpern
die breite Figurenpersonage aus dem Roman, die ihren Weg auf unsere Bühne findet (Bühne: Beate Zoff). Unterstützt wird die Geschichte der starken Frauen von einem wichtigen Element der Bewegung dieser Zeit und der folgenden Generationen: die Musik. Diese blieb von der deutschen Öffentlichkeit ähnlich unbeachtet wie die Frauen, die nach Deutschland kamen und sich nicht mit den Missständen zufriedengaben (Musikalische Leitung: Eren Akşahin, Oliver Siegel).
Es ist ein Abend der die Kraft der Frauen feiert und – inspiriert von dem Erfolgsstück »Istanbul« – die Musik der sogenannten »Gastarbeiter*innen« erklingen lässt.
INSZENIERUNG
Murat Yeginer ist in der Türkei geboren und in München und Hamburg aufgewachsen. Er studierte Schauspiel in Hamburg und erhielt ebendort sein erstes Engagement an den Kammerspielen. Danach wurde er am Staatstheater Saarbrücken, am Theater Kiel und am Schauspiel Bonn engagiert, bevor er 1987 fest zum Ensemble des Oldenburgischen Staatstheater stieß. In mehr als 35 Bühnenjahren hat er fast alle bedeutenden Theaterrollen gespielt, darunter Othello, Nathan, Cyrano de Bergerac und Arthur Millers Handlungsreisenden Willy Lohman. Seit Anfang der 80er-Jahre hat er sich auch als Bühnenautor profiliert. Nach der Übersetzung, Bearbeitung und Deutschen Erstaufführung des türkischen Erfolgsstückes »Ikili Oyun« von Bilgesu Erenus (1982) schrieb er u.a. »Vom Winde verdreht« (UA 1992),
»Vielleicht – Ein Spiel« (UA 1995). Vor Kurzem feierte sein Stück »Das Frollein Wunner« am Hamburger Ohnsorg Theater erfolgreiche Premiere. Auch als Regisseur ist Murat Yeginer im westeuropäischen Kulturkanon zu Hause. Zu seinen zahlreichen Inszenierungen gehören »Iphigenie auf Tauris« (hierfür erhielt er am Staatstheater Meiningen den Publikumspreis für die »Beste Regie«), »Was ihr wollt«, »Maria Stuart« oder »König Lear«. Außerdem erhielt er für seine Inszenierung »Hinter der Mauer ist das Glück« im Hamburger Theater Kontraste den Rolf Mares Preis 2017. Unter anderem inszenierte er am Oldenburgischen Staatstheater, am Winterhuder Fährhaus und am Theater Ulm. Von 2008 bis 2015 war Murat Yeginer Schauspieldirektor am Theater Pforzheim. Ab 2014/15 war er als Schauspieler am Staatstheater Mainz engagiert. Von 2018 bis 2024 war er Oberspielleiter und Künstlerischer Leiter am Hamburger Ohnsorg Theater.
MUSIK
Oliver Siegel, geboren 1972 in Wattenscheid, studierte von 1993 bis 1999 Jazzpiano an der HKA in Arnheim/NL (heute ArtEZ Arnhem). Er ist Multiinstrumentalist, Produzent und Tontechniker sowie Mitglied und Mitinitiator vieler Bands und Projekte im Reaktionsfeld zwischen Rock, Improvisation, Jazz, Experiment, Collage, Pop, Elektronik, Krach und Neuer Musik. Seit 2003 ist er zudem als Komponist und Bühnenmusiker für Theater, Tanz und Performance tätig, so z.B. am Schauspielhaus Bochum, an den Theatern Oberhausen und Bremen, am Schauspiel Frankfurt und anderen. Am Theater Bielefeld hat er bereits die Musik zu den Familienstücken »Aladin und die Wunderlampe«, »Der Zauberer von Oz«, »Der Räuber Hotzenplotz« und »Pinocchio« komponiert.
Eren Akşahin ist Multi-Instrumentalist, Komponist, Lehrer und Künstler. Seine musikalische Reise begann mit einer starken Bindung zur Baglama. Er beherrscht eine breite Palette von Zupfinstrumenten. Neben der Baglama gehören klassische Gitarre, Oud und einige Hybridinstrumente dazu. Als Komponist verknüpft er traditionelle anatolische Elemente mit zeitgenössischen und anderen Einflüssen, um narrative Melodien und harmonische Arrangements zu schaffen. Seine Arbeit zeichnet sich durch Sensibilität, Authentizität und Innovation auf seinen Instrumenten aus. Er arbeitet viel und intensiv mit Künstler*innen auf lokaler,nationaler und internationaler Ebene zusammen.