Ein Gespräch mit der Lippischen Gesellschaft für Kunst eV (LGfK)
Nach dem furiosen, abwechslungsreichen und spannenden 50. Jubiläumsjahr 2022
gibt es seit April 2023 einen Führungswechsel im Vorstand und im Beirat der LGfK.
Ein guter Zeitpunkt für ein Gespräch mit Vorgängern und Nachfolgern, für Rückschau und Vorschau .
Kulturinfo-Lippe hat deshalb die neue Vorsitzende Sigrid Verlemann-Müller und den neuen Beiratsvorsitzenden Wolfgang Kessler eingeladen und auch die ehemaligen jeweiligen Vorsitzenden Almut Schmersahl und Karin Strate (beide weiterhin im Beirat) und die Beiratsmitglieder Dr.Bernhard Grote und Dr.Joachim Kleinmanns.
Seit der Gründung der LGfK im Jahr 1972 gilt für die ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder in Vorstand und Beirat die Präambel der Satzung als unverrückbares Ziel:
„Die Lippische Gesellschaft für Kunst eV soll das kritische Verständnis für künstlerisches Schaffen in Malerei, Grafik, Plastik, Architektur, Kunsthandwerk, Industrieform, Fotografie und auf anderen Gebieten in der Öffentlichkeit fördern.“
Die LGfK hat dies in den letzten fast 52 Jahren mit großem Erfolg umgesetzt.
Der Blick auf vergangene Ausstellungen von Künstlern wie Henry Moore, Max Bill, Tony Cragg, Paul Klee, Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp, Alberto Giacometti, Anselm Kiefer, Karin Kneffel und viele andere in ca. 350 Ausstellungen lässt sowohl die Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausdrucksformen als auch deren Internationalität und Qualität erkennen. Die LGfK lebt davon, gemeinsam zu planen und zu arbeiten, mit Gleichgesinnten zusammen zu treffen und die Gespräche zwischen Künstlerinnen und Künstlern und den Besuchern zu animieren. Die Auseinandersetzung mit Kunst braucht – über die Werke hinaus – die Begegnung der Menschen miteinander. Das Erlebnis des Sehens verstärkt sich durch das Fragen, das Nachdenken und den Dialog. Dabei kann man die Schwellenangst vieler Menschen im Umgang mit Kunst verlieren und die endlosen, auch kontroversen Spielarten künstlerischer Sprache entdecken. Besonders beglückend sind die unmittelbaren Begegnungen mit Künstlern im Atelier und beim gemeinsamen Aufbau der Ausstellung.
Die von der LGfK für Mitglieder und Gäste angebotenen Kunstreisen mit professionellen Führungen vor Ort stärken das Erkennen qualitativer Unterschiede im künstlerischen Schaffen. Wie im Fluge vergeht die Zeit während der Busreise mit der (den) unterhaltsamen Geschichte(n) im Kontext der jeweiligen Ausstellung, die unter der kompetenten und engagierten Leitung von Dr. Bernhard Grote als zusätzliches Geschenk von den Mitreisenden wahrgenommen werden.
Diese Freude und Lust an der Bildenden Kunst auch für neue Mitglieder der LGfK zu wecken, ist nach wie vor das wichtigste Ziel des Vorstands und Beirats auch für die kommenden Jahre. Denn man spürt deutlich, dass das Interesse einer jüngeren Generation, so es nicht sozusagen von den Eltern „vererbt“ wird, nicht mehr selbstverständlich ist. Über Präsenz in den sozialen Medien und auch über Sonderveranstaltungen versucht der Verein, dieses Interesse zu wecken.
Die Gesprächsteilnehmer sind sich einig, dass die Qualität der Kunstwerke an oberster Stelle steht – Wolfgang Kessler betont, dass man dabei durchaus unterschiedliche Resonanz des Publikums in Kauf nehmen müsse. In Bezug auf die Mischung der verschiedenen Sparten der Bildenden Kunst wird aus der darin einigen Gesprächsrunde von Karin Strate die Absicht geäußert, auch dem Kunsthandwerk – und von Dr. Joachim Kleinmanns der Architektur von Zeit zu Zeit Ausstellungen zu widmen.
Die Sparten der Bildenden Kunst sind heute nicht mehr so klar voneinander getrennt, wie sie es noch bei Gründung des Kunstvereins waren. Dies zeigt sich seit mehreren Jahren, insbesondere bei der Ausstellungsreihe, die die LGfK seit 2012 im Lemgoer Eichenmüllerhaus zeigt: „Meister und Schüler“ bzw. „Lehrer und Studierende“ genannt. Für diese Ausstellungen sucht die LGfK den Kontakt mit einer Professorin oder einem Professor der Kunstakademien in Deutschland, die bereit sind, mit ausgewählten Schülern eine Ausstellung im Eichenmüllerhaus zu präsentieren.
Bei diesem Format, so Almut Schmersahl, kann man seit einigen Jahren wahrnehmen, dass z.B. in einer Malerei- oder Bildhauer-Klasse einzelne Schüler Kunstwerke schaffen, die verschiedenen Sparten zugeordnet werden können, z.B. Installation, Zeichnung, Fotografie, Video, Klang oder einer Mischung davon.
Die Zusammenarbeit mit anderen Kulturträgern wie dem Literaturbüro, der Hochschule für Musik, dem Theater und dem Ensemble Horizonte soll fortgesetzt werden. Die derzeit genutzten Ausstellungsräume Schlossküche Detmold und einmal jährlich das Eichenmüllerhaus Lemgo können nach Absprache bei einzelnen Ausstellungen durch das Lipp. Landesmuseum Detmold oder Schloss Brake erweitert werden, wie im Jubiläumsjahr 2022 bei den Ausstellungen“ Neun Positionen der Jungen Malerei“ und “Plakatkunst Klaus Staeck“. Dr. Grote bringt noch den Hangar, das ehemalige Drachenmuseum, ins Spiel, ein interessanter Ort für Ausstellungen im Zusammenwirken mit anderen künstlerischen Darbietungen.
Die Änderung der Organisation mit jeweils einem Ausstellungs-Verantwortlichen aus dem Beirat verteilt die Arbeit auf mehrere Schultern.
So ist Sigrid Verlemann-Müller zuversichtlich, dass alle Herausforderungen bzgl. Qualität der Ausstellungen und des Arbeitsaufwandes der ehrenamtlichen Beiratsmitglieder auch zukünftig bewältigt werden – vor allem, weil die Akteure mit Herzblut und Begeisterung dabei sind.
Für alle LGfK – Mitglieder steht fest:
Kunst und Kultur sind ein notwendiges „Lebensmittel“ !
Das Jubiläumsbuch der LGfK „50 Jahre Bildende Kunst für Lippe“ mit Bildern und Texten auf fast 300 Seiten zeigt anschaulich, wie dieser engagierte Kunstverein arbeitet und welche Erfolgsgeschichte daraus gewachsen ist.
(ISBN 978-3-00-069703-6, Preis 30 EUR).