Ein Gespräch mit dem Architekturhistoriker Dr. Joachim Kleinmanns
Wir trafen Joachim Kleinmanns im Studio von kulturinfo-lippe, um sein Buch vorzustellen.
kulturinfo-lippe = (KL)
Joachim Kleinmanns = (JK)
KL: Joachim Kleinmanns
Der lippische Landbaumeister Ferdinand Brune 1803–1857
Zu den vom Lippischen Heimatbund herausgegebenen Schriften ist ein wichtiges Werk hinzugekommen. Dr. Joachim Kleinmanns, Fachstellenleiter für Baugestaltung und Denkmalpflege beim Lippischen Heimatbund, hat ein wichtiges wissenschaftliches Werk über den lippischen Baumeister Ferdinand Brune geschrieben, mit dem er eine wichtige Lücke in der Literatur der lippischen Kulturgeschichte schließt. Mit der eingehenden Schilderung über Leben und Lebensleistung Brunes ist ein interessantes, optisch sehr ansprechendes Buch entstanden.
Als Landbaumeister und Baurat prägte Ferdinand Brune über drei Jahrzehnte das Bauwesen der Residenzstadt Detmold und des Fürstentums Lippe. Nach seinem Studium an der Berliner Bauakademie brachte er den sparsamen Ökonomiebau preußischer Prägung nach Lippe und schuf wohlproportionierte, funktionale und dauerhafte Gebäude im Stil des Spätklassizismus.
Joachim Kleinmanns stellt Ferdinand Brunes Leben und Werk anhand reichhaltiger archivalischer und erhaltener Gebäude dar. Die Publikation dokumentiert in Text und Bild weit über 200 Bauten und Projekte aller Gattungen. Die umfassende Studie ist ein grundlegender Beitrag zur Baugeschichte des Fürstentums Lippe im 19. Jahrhundert und zeichnet ein exemplarisches Bild eines Baubeamten dieser Zeit. Sie stellt damit nicht nur eine Epoche dar, sondern macht am Ende auch deutlich, welch starkem Wandel und auch Verlusten Brunes Werk unterworfen ist.
Anhand des Ferdinand-Brune-Hauses kann man den Wandel eines Gebäudes erleben. 1829 als Offiziantengebäude, ein Arbeits- und Wohngebäude für herrschaftliche Bedienstete, neben dem Schauspielhaus erbaut, bezog auch Baumeister Brune in diesem Haus, das später nach ihm benannt wurde, eine große Wohnung. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog hier die Kreisverwaltung Detmold ein und stockte das Haus auf. Nach ihrem Umzug in den Neubau an der Felix-Fechenbach-Straße nahm die Bauverwaltung der Stadt Detmold hier ihren Sitz.
In der Nachbarschaft sollte 1829 eine Kaserne mit ausreichendem Exerzierplatz entstehen. Sie wurde benötigt, weil ab 1812 alle norddeutschen Truppen verpflichtet waren, zur Vereinheitlichung nach dem preußischen Exerzier-Reglement von 1812 auszubilden. Während der Friedenszeiten war das Militär einquartiert, also in Privathäusern untergebracht. Am 5. März stellte Fürst Leopold II. den östlichen Teil des herrschaftlichen Gartens (Lustgarten) zwischen den Häusern Wülker/Piderit und der Werre für das Militärgebäude zur Verfügung. Der Plan wurde aber aus Platzmangel verworfen und in die Leopoldstraße verlegt. Stattdessen entstand hier 1864 ein großes Dienerschaftsgebäude (Rosental 7–11). Die Kaserne wurde 1959 für den Regierungsneubau abgebrochen.
Dieses Buch ist sehr zu empfehlen, es ist hochinteressant, nicht nur für Bauleute, nein, auch für jeden, der sich für die Geschichte seiner Stadt interessiert. Dieses Buch wirft vor allem einen Blick in das alte Detmold, zu dem man zu Recht sagen kann, die Wunderschöne, wie auch das Bildmaterial aus den Archiven zeigt.
Der lippische Landbaumeister Ferdinand Brune (1803–1857)
Leben und Werk
von
ist erschienen im Michael Imhof Verlag zum Preis von 49,95 EUR
KL: Herr Kleinmanns:
Sie haben schon viel veröffentlicht und das in ganz verschiedener Form.
Wie kamen Sie dazu?
JK: Ja, das stimmt. Schon als Jugendlicher galt mein Interesse der Architektur und deren Geschichte.
Ich habe mir vorgestellt, ich erzähle Ihnen, wie ich überhaupt auf Ferdinand Brune gekommen bin.
1990 habe ich ein ehemaliges Fasaneriegebäude auf dem Gelände des LWL-Freilichtmuseums untersucht. Da stieß ich auf Ferdinand Brune, der es 1836/37 erbaut hatte. Seitdem war ich auf seiner Spur, habe geforscht, was er sonst noch gebaut hat und nach und nach sein Lebenswerk zusammengestellt. Richtig los ging es, nachdem ich 2020 in Rente gegangen bin. Da hatte ich die Zeit, hunderte von Akten im Landesarchiv zu lesen und alte Baupläne zu studieren.
KL: Woran arbeiten Sie aktuell?
JK: Derzeit baue ich mit drei Kollegen ein digitales Häuserbuch für ganz Lippe auf. Darin sollen einmal alle Häuser erfasst sein, die vor 1900 entstanden sind. Das können natürlich nicht vier Leute allein schaffen. Deshalb wird das ein Wiki. Da können alle, die was wissen, mitmachen. Ende Mai geht es online: Lippe-Haeuser-Wiki.de
https://www.lippe-haeuser-wiki.de/index.php?title=Hauptseite
KL: Was ist in Zukunft geplant?
JK: Das ist jetzt erstmal ein größeres Projekt. Daneben laufen aber auch noch kleinere Forschungsarbeiten, etwa zum Mausoleum an der Paderborner Straße.
Um die Person Joachim Kleinmanns unseren Lesern näher zu bringen, stellten wir ihm einige persönliche Fragen.
KL: Ihr größter Erfolg?
JK: Ein Buch und eine Ausstellung über die Kulturgeschichte der Tankstelle, das war 2002.
KL: Haben Sie einen Lieblingsroman?
JK: Hunderte! Zum Beispiel J. J. Voskuil: Das Büro
KL: Ihr liebstes Gedicht?
JK: Bertold Brecht: Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration
KL: Ihr liebster bildender Künstler?
JK: Jean-Baptiste Siméon Chardin.
KL: Ihr liebster Theater-Autor?
JK: Heiner Müller
KL: Ihr liebstes Theaterstück?
JK: Da gibt es einige, zuletzt: Else (ohne Fräulein). Eine tolle Inszenierung hier am Landestheater.
KL: Die sympathischste Künstlerin?
JK: Viele, aktuell Marion Eichmann
KL: Der sympathischste Künstler?
JK: Auch viele, aktuell
KL: Wenn Geld keine Rolle spielen würde – wen würden Sie mal gerne als Gast holen?
JK: Petra Reski
KL: Ihr schönstes Theatererlebnis der letzten Monate?
JK: Das kalte Herz, Ballett im Landestheater Detmold
KL: Ein paar Vorlieben: Bier oder Wein?
JK: Wein
KL: Kaffee oder Tee?
JK: Kaffee
KL: Großstadt oder Land?
JK: Land
KL: Porsche oder Fahrrad?
JK: Fahrrad
KL: Regionale oder internationale Küche?
JK: beides
KL: Tatort oder Pilcher?
JK: weder noch
KL: Der liebste Film?
JK: Fitzcarraldo von Werner Herzog
KL: Bevorzugte Literatur?
JK: Biographische Romane
KL: Das liebste Musikstück?:
JK: Valse triste von Jean Sibelius
KL: Gibt es Hobbys ?
JK: Wandern, am liebsten mehrtägige Strecken
Vielen Dank an Joachim Kleinmanns für das Interview.
Vita:
Geboren 1957 im Rheinland, Studium Baugeschichte, Kunstgeschichte und Literaturgeschichte in Aachen und Berlin. 1985 Promotion, 1985–2020 tätig in Denkmalpflege, Museum, Universität und zuletzt am saai | Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau. Seit 2020 im Ruhestand, seitdem Leiter der Fachstelle Baugestaltung und Denkmalpflege im Lippischen Heimatbund und Mitglied im Beirat der Lippischen Gesellschaft für Kunst. Ausstellungen zur Architektur- und Kulturgeschichte, Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zur Baugeschichte und Denkmalpflege. Joachim Kleinmanns lebt in Detmold.
www.joachim-kleinmanns.de