Zwei junge Menschen, die sich lieben, obwohl sie aus verfeindeten Familien kommen. Kein anderer als William Shakespeare hat diesen Grundkonflikt in seiner Tragödie „Romeo und Julia“ in Szene gesetzt. Der Stoff wurde in Oper und Sinfonik mehrfach adaptiert: Sei es in Charles Gounods „Roméo et Juliette, Leonard Bernsteins Westside Story oder Hector Berlioz Sinfonie „Roméo et Juliette“. Auch Vincenzo Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ lässt daran erinnern. Doch von zartem Kennenlernen, Liebesgeflüster und Balkonszene keine Spur. Stattdessen birgt die Oper von Anfang an einen Hauch von Melancholie in sich. Auch in der Detmolder Produktion der Opernschule, in der Regisseur Thomas Mittmann den Konflikt der verfeindeten Familien in ein mafiöses Szenario überführt wird vom Streit der zwei Familien dominiert.
Unter dem emotional geführten Dirigat von Fabio Vettraino spielte das Hochschulorchester die italienischen Belcanto-Melodien in all ihrer Schönheit. In den tragenden Partien standen Studierende der Opernschule auf der Bühne. Marianna Nomikou-Tsiokou in der Rolle der Giulietta und Ye-Won Kim in der Hosenrolle als Romeo bildeten eine wahre Symbiose. Beide weibliche Stimmen in den Hauptrollen legten ausdrucksvoll einen Schleier der Melancholie über das nahende Ende, besonders die berührende Romanze „Oh quante volte“ der Guiletta begeisterte das Publikum. Als Tebaldo brillieren Yoseph Park und Inho Baik. Seunghun Jeong verkörpert die Rolle des Widersachers Capellio, den Anführer der Capuleti, Euichan Jeong den Arzt und Vertrauten Lorenzo.
Das Publikum wird vom ersten Augenblick in die Szenerie hineingeworfen: Ein feierlicher Chor schildert eingangs den Streit zwischen beiden Familien. Giuliettas Vater Capellio möchte seine Tochter gegen ihren Willen mit Tebaldo verheiraten. Doch die Liebe zwischen Romeo und ihr ist bereits entbrannt. Inmitten von politischen Intrigen, leidenschaftlichen Duellen und verhängnisvollen Missverständnissen versuchen beide verzweifelt, ihre Liebe zu retten und gegen die Widerstände anzukämpfen. Romeo kommt als Montecchi verkleidet in die Stadt. Beide planen die Flucht, doch ihr tragisches Schicksal, welches beide nur im Tod vereint, ist von Anfang an vorherbestimmt. Am Schluss beschuldigen sich beide Familien, die Liebenden umgebracht zu haben.
Die Premiere der Opernschule der Hochschule begeisterte das Publikum durch seine kraftvollen, schönen Stimmen gleichermaßen und bot auf den „Brettern die die Welt bedeuten“ im Landestheater endlich wieder die rechte Präsentation, ein wahrer Genuss dieser wohl schönsten Bellini Oper.
Bildunterschrift: Giulietta (Beste Bulut) bittet ihren Vater Capellio (Seunghun Jeong) um Vergebung. Dieser fordert sie auf, zu ihrem eigentlichen Bräutigam Tebaldo zu gehen (rechts Vertrauter Lorenzo, dargestellt von Euichan Jeong, im Hintergrund Chor) © HfM Detmold/Plettenberg