Familienvorstellung: »Die Zauberflöte«
Zu einer Vorstellung für die ganze Familie lud das Landestheater Detmold zu Wolfgang Amadeus Mozarts Oper »Die Zauberflöte« in der Inszenierung von Dirk Schmeding und unter der Musikalischen Leitung von Claudio Novati ein.
Erzählt wird in Mozarts wohl bekanntester Oper die Geschichte von Prinz Tamino, der sich auf die Suche nach Pamina begibt, begleitet von dem Vogelfänger Papageno und zauberischen Instrumenten. Regisseur Dirk Schmeding fasste diese Geschichte, die nicht zuletzt eine wunderschöne Parabel über das Erwachsenwerden ist in traumhafte Bilder und gestaltete eine phantasievolle Spieloper auf die Bühne des Landestheaters, das es eine wahre Freude war, dabei sein zu dürfen. Gleich nach der feierlichen Es-Dur Ouvertüre, mit dreimaligen Akkordschlägen und kunstvollem Fugato, die unter Verwendung von Holzbläsern und Posaunen das Reich Sarastros charakterisiert, kommt Prinz Tamino bei noch geschlossenem Vorhang auf die Bühne gelaufen, entledigt sich seiner Paradeuniform, steht in kurzen Hosen da und „schiebt“ den schweren Brandvorhang nach oben, um auf die Bühne zu gelangen. Stephan Chambers spielt und singt den Tamino mit viel Spielfreude und großer lyrischer Stimme, genau wie das ganze Ensemble sehr gut aufgelegt den Zuschauern im vollbesetzten Landestheater einen wahren Augen- und Ohrenschmaus boten, in einer der bekanntesten Opern überhaupt und für viele Menschen der erste Grund für den Besuch eines Opernhauses: “ Die Zauberflöte“. Das letzte Bühnenwerk des Großmeisters Wolfgang Amadeus Mozart polarisiert seit seiner Uraufführung. ›Märchenoper‹ für Kinder meinen die einen, ›Geheimcode der Freimaurer‹ die anderen.
Hinter der der offensichtlichen Handlung – Prinz rettet Prinzessin – steckt nämlich weit mehr. Über das wieviel mehr scheiden sich die Geister. Der Grund: Mozart und sein Librettist Emanuel Schikaneder waren Freimaurer. Jene Gemeinschaft, deren Versammlungen und Riten im Geheimen stattfinden. Wenn nun zwei dieser Geheimbündler ein Werk gemeinsam schreiben – muss es dann nicht versteckte Codes für Eingeweihte tragen?
Anzeichen dafür gibt es auch tatsächlich: Die Zahl drei beispielsweise. Diese spiegelt sich u. a. im Anfangsakkord der Oper, in den drei Damen, den drei Knaben und den drei Prüfungen wider. Für die Freimaurer gilt diese als wichtigste Zahl: Die Dreiheit spiegelt sich u. a. in den drei bedeutenden Säulen (Weisheit, Stärke und Schönheit), an denen es zu arbeiten gilt. Worum aber geht es in der Zauberflöte?
Prinz Tamino möchte eigentlich gar kein Prinz mehr sein. Als er sich jedoch in das Bildnis von Pamina(Johanna Nylund) verliebt, der Tochter der Königin der Nacht(Nina Konfochchristou), ist er zu allen heldenhaften Taten bereit. Tief berührend ist ihre ihre g-Moll Klage “ Ach ich fühl `s, “ eine Kostbarkeit der Partitur. Erst soll Tamino Pamina für die Königin aus den Klauen von Sarastro ( Jaime Mondaca Galaz) befreien, dann für diesen lebensgefährliche Prüfungen bestehen. Ihm zur Seite: Freigeist Papageno (Euichan Jeong) und eine Zauberflöte. Das schlichte fast volksliedhafte Auftrittslied des Papageno ( Der Vogelfänger bin ich ja) stellt diesen als einen Nachfolger des italienischen Harlekins oder eines Kasperls dar. Toll gespielt und gesungen vom Bariton Euichan Jeong. Schlussendlich sind Tamino und Pamina vereint und auch Papageno ist nicht mehr allein, er bekommt seine Papagena(Marianna Nomikou)– ein Happy End? In dieser Oper lernen sich Figuren mit völlig verschiedenen Weltkonzepten kennen und müssen diese in Einklang bringen. Auf einer Bühne, die oft in Schwarz gehalten wurde von Pascal Seibiche, mit gut gesetztem Licht, immer mit einem übergroßem Mond, als Zeichen für diese Welt.
Im zweiten Akt sieht man ein Art Studierzimmer in Sarastros Reich, denn er hat der Königin der Nacht so ziemlich alles genommen, was die Sopranistin Nina Konfochchristou in ihrer Arie, eine der schwierigsten im Koloraturgenre, großartig interpretiert, denn während die erste Arie der Königin noch lyrisch grundiert ist, entspricht ihre vor Rache blitzende zweite Arie mit Flöten, Trompeten und Pauken dem Typ der venezianischen Trompetenarie. Auch Portale in verschiedenen Proportionen spielen in dieser Inszenierung eine wichtige Rolle, sie stehen für: hinein in eine andere Welt, in traumhafte Welten.
Spannend ist das Gesellschaftsbild, das Mozart zeichnet. Genauer: das Gefühl einer Gesellschaft. Das Publikum wird ebenso wie der (Anti-)Held und die übrigen der jungen Generation (Freigeist Papageno und Prinzessin Pamina) hin- und hergeworfen von den großen Spielbällen. Wer zunächst gut und wohlwollend erscheint, der ist es nicht. Doch auch die Gegenseite entpuppt sich als durchtrieben und auf ihre eigenen Vorteile besessen. Gibt es eine Herrscherfigur, die ohne List und Tücke ist? Es verwundert, dass »Die Zauberflöte« so oft als ›Werk für die Aufklärung‹ deklariert wurde. Handelt es sich nicht vielmehr um einen Abgesang auf die Aufklärung? Dass auch die aufgeklärtesten Herrscher*innen noch immer absolutistisch und egozentrisch bleiben und lässt sich ebenso interpretieren als Übergang vom Matriarchat zum Patriarchat – in der Nachfolge der Französischen Revolution und in Versinnbildlichung königlichen Herrschaftsanspruchs der Königin der Nacht, Freiheit, für die Pamina steht und das Sinnbild für das Volk, in Gestalt des Taminos.
Mozart starb nur knapp zwei Monate nach der Uraufführung seiner letzten Oper. Vielleicht ranken sich auch deshalb so viele Mythen darum. Geklärt werden diese wohl nie. Aber das macht ja den Reiz von dieser rätselhaften und zugleich bezaubernden Oper aus.
In Detmold inszeniert Dirk Schmeding »Die Zauberflöte« in traumhaften Bildern für Jung und Alt.
Der seit Beginn der Spielzeit 2024/25 neu engagierte 1. Kapellmeister, Claudio Novati, zeichnet für die Musikalische Leitung verantwortlich. Last but not least sei Chor und Orchester des Landestheaters zu nennen, die einen wunderbaren Opernabend bescherten, mit prächtigem Gesang und Spiel. Der große Meister Mozart hätte wahrlich seine Freude daran gehabt. Chapeau !!!
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto von Emanuel Schikaneder in einer Fassung von Dirk Schmeding
Musikalische Leitung Claudio Novati | Regie Dirk Schmeding | Bühne und Kostüm Pascal Seibicke | Dramaturgie Katharina Schellenberg
Mit: Ricardo Llamas Márquez/Jaime Mondaca Galaz (Sarastro), Stephen Chambers/Stefan
Cifolelli (Tamino), Andreas Jören (Sprecher), Julia Gromball (Die Königin der Nacht), Johanna Nylund/Karola Sophia Schmid (Pamina), Euichan Jeong/Jonah Spungin (Papageno), Marianna Nomikou/Laura Zeiger (Papagena) u. a.
Opernchor und Symphonisches Orchester des Landestheaters Detmold
Weitere Vorstellungen
26.2.2025
Auf Reisen: 6.12. (Paderborn), 8.12. (Iserlohn), 20.12. + 22.12.2024 (Gütersloh), 14.1. (Wolfsburg),
26.1. (Hameln), 20.2. – 22.2. (Siegen), 14.3. Lippstadt, 29.3. (Velbert), 29.4.2025 (Viersen)
Vis-à-vis: So, 2.2.2025, 17:00 Uhr, Christuskirche