Dem Wald geht es schlecht, vier von fünf Bäumen in deutschen Wäldern sind krank, was dramatische Folgen für den Klimawandel hat. Doch was, wenn alles ganz anders käme? Wenn der Wald nicht weiter aussterben würde, sondern – ganz im Gegenteil – einfach über Nacht überall zu sprießen und gedeihen beginnen würde?
Genau dieses Bild malt Miriam Lesch in ihrem Stück »Wald«: Aus dem Nichts sind plötzlich zahlreiche mitteleuropäische Städte von Bäumen überwuchert. Auf Kreuzungen, in Fußgängerzonen, sogar auf Balkonen: überall Bäume. Baumwurzeln, unterirdische MyzelVerbindungen und Kleinstlebewesen bahnen sich ihren Weg durch die Stadt; verdrängen Häuser und Nationaldenkmäler, erobern sich ihr Land zurück. Obwohl diese Vorstellung eigentlich eine schöne ist, empfinden die Menschen in »Wald« jedoch eine plötzliche Genervtheit – denn wie soll
man zur Arbeit kommen, wenn die Straßen gesperrt sind? Und wer ist dafür zuständig, den Baum auf dem Balkon wieder zu fällen? Das Forstamt ist jedenfalls restlos ausgebucht. Es gibt kein Entkommen vor der Natur. Den Menschen bleiben also nur zwei Möglichkeiten: sich ihrer Umwelt
radikal anzupassen, oder in den globalen Süden zu flüchten, wo es für Bäume zu heiß ist – eine »umgekehrte« Migration beginnt.
Miriam Lesch lässt in »Wald« ihrer Fantasie von einer Rückeroberung der Welt durch die Natur freien Lauf. Sie erschafft absurde Szenen, in denen historische Figuren wie Cäsar und Plinius – die sich fragen, wo denn die für die Ewigkeit gebauten Römerstraßen abgeblieben sind – oder
Filmcharaktere wie Bambi – das sich dagegen über die frisch gewachsene Fauna freut – wie selbstverständlich nebeneinander auftreten. Ebenso kreiert sie poetische Passagen, in denender Wald und seine Bewohner*innen selbst zu Wort kommen. »Wald« behandelt aktuelle Fragen
wie das Waldsterben und die Klimakatastrophe, Flucht und Migration, und das Wohnen in immer stärker zubetonierten Großstädten, ohne ein pessimistisch stimmendes Weltuntergangsszenario zu zeichnen. Stattdessen erkundet das Stück mit Humor und Poesie, wie eine Welt aussehen
könnte, in der die Natur den zerstörerischen Menschen mit seinen eigenen Waffen schlägt.
Miriam Lesch war mit »Wald« 2022 Teilnehmerin beim Heidelberger Stückemarkt, seine Uraufführung feierte das Stück im September 2024 am Oldenburgischen Staatstheater. Am Landestheater Detmold führt Hannah Frauenrath Regie, die in der vergangenen Spielzeit bereits
»Tatort 110 – zwei Krimiserien auf der Spur« inszenierte. Gemeinsam mit Bühnen- und Kostümbildnerin Victoria Unverzagt bringt sie den Wald ins Grabbe-Haus, wo vier Schauspieler*innen den Text zum Leben erwecken.
Wald
von Miriam V. Lesch
Regie: Hannah Frauenrath Bühne und Kostüm: Victoria Unverzagt Dramaturgie: Magdalena Brück
Mit: Paul Enev, Katharina Otte, Ewa Noack, Emanuel Weber
Premiere: Samstag, 25.1.2025, 19:30 Uhr, Grabbe-Haus
Weitere Vorstellungen:
29.1., 31.1., 2.2., 7.2., 12.2., 14.2., 16.2., 22.2., 9.3.2025
Auf Reisen: 7.1.2025 (Kevelaer), 7.4.2025 (Bad Nenndorf)
Zusatzveranstaltungen rund um die Premiere:
NachSpiel – das Publikumsgespräch: 31.1. und 14.2.2025