REMBRANDTS AMSTERDAM
GOLDENE ZEITEN?
27. NOVEMBER 2024 BIS 23. MÄRZ 2025
Ausstellungshaus
Amsterdam – eine Stadt, viele Gesichter. Im 17. Jahrhundert ist Amsterdam die Metropole Europas. Wirtschaft und Handel boomen, die Bevölkerung wächst rasant, Kunst und Wissenschaft florieren. Eine einflussreiche Bürgerschaft prägt die Geschicke der Stadt, festgehalten in bedeutenden Gemälden der größten niederländischen Meister. Allen voran Rembrandt Harmensz. van Rijn, aber auch die Künstler Jacob Backer, Ferdinand Bol, Govert Flinck, Bartholomeus van der Helst, Nicolaes Eliasz. Pickenoy oder Jan Victors spiegeln in Amsterdamer Gruppenbildnissen das Selbstverständnis der bürgerlichen Stadtgesellschaft. Das Städel Museum präsentiert in Kooperation mit dem Amsterdam Museum vom 27. November 2024 bis 23. März 2025 die Bildniskunst der Rembrandt-Zeit in einer großen Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen die herausragenden Gruppenbildnisse des Amsterdam Museums, die höchst selten ausgeliehen und in diesem großen Umfang erstmals in Deutschland zu sehen sind. In Frankfurt werden rund 100 Gemälde, Skulpturen und Druckgrafiken sowie kulturhistorische Gebrauchsgegenstände aus weiteren führenden niederländischen und internationalen Museen vereint, darunter Meisterwerke aus dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem Koninklijk Museum voor Schone Kunsten in Antwerpen oder dem Muzeum Narodowe in Warschau. Dieser Bestand wird durch herausragende Werke Rembrandts und seiner Zeitgenossen aus der Sammlung des Städel Museums ergänzt.
Die Ausstellung hinterfragt die traditionelle Vorstellung des 17. Jahrhunderts als „Goldenes Zeitalter“ der Niederlande. Die wirtschaftliche und kulturelle Blüte der Rembrandt-Zeit beruhte auch auf einer aggressiven Handelspolitik der Vereinigten Niederlande, deren Grundlage der Aufbau von Kolonien in Asien und Südamerika sowie die Versklavung und Ausbeutung von Menschen war. Kriege, Armut sowie religiöse und politische Verfolgung in Europa sorgten für eine stetig wachsende Migration in die Niederländische Republik, insbesondere nach Amsterdam. Ein starker Arbeitsmarkt und eine im damaligen Europa einzigartige religiöse Toleranz ließen viele auf ein besseres und freieres Leben hoffen, was aber nicht allen gelang. Es ist vor allem die städtische Elite Amsterdams, die sich aufwendig ins Bild setzen ließ: Angehörige der Schützenverbände, Mitglieder der Handwerksgilden und die Vorstände der von der Bürgergesellschaft getragenen sozialen Einrichtungen. Das Städel Museum zeigt diese Repräsentationsgemälde und öffnet den Blick zugleich auf Darstellungen von Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen. Es sind Bilder und Geschichten einer pluralen Amsterdamer Gesellschaft, die von Reichtum und Armut, Glück und Verderben, Macht und Ohnmacht berichten.
Städel Direktor Philipp Demandt: „Mit dieser Ausstellung bringen wir Rembrandts Amsterdam ins Städel Museum. Wir werfen einen ungeschönten Blick auf die Amsterdamer Wirklichkeit im 17. Jahrhundert und nehmen Bezug zur aktuellen Diskussion um eine Neubewertung des ‚Goldenen Zeitalters‘ in den Niederlanden. In den Meisterwerken Rembrandts und seiner berühmten Zeitgenossen zeigt sich eine Stadt im Umbruch, gekennzeichnet durch tiefgreifende ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen. Kein anderes Museum der Welt verfügt über mehr Gruppenbildnisse aus dieser Zeit als das Amsterdam Museum. Im Städel bringen wir sie mit weiteren internationalen Leihgaben und dem herausragenden Städel-Bestand an Gemälden und Druckgrafiken Rembrandts zusammen, die schon unser Museumsgründer leidenschaftlich sammelte. Wir danken allen Leihgebern und unseren Förderern für ihre Bereitschaft, uns bei dieser Schau großzügig zu unterstützen. Es ist ihr Engagement, das dieses ambitionierte Ausstellungsprojekt möglich macht.“
„Das holländische Gruppenporträt entstand im Wesentlichen in Amsterdam. Es ist das wohl markanteste Beispiel der niederländischen Kunst der Rembrandtzeit und nur durch die besonderen Bedingungen der zutiefst bürgerlich und protestantisch geprägten Handelsstadt Amsterdam zu erklären. Die Stadt stieg in dieser Zeit als wahre Boomtown zur Welthandelsmetropole auf. Die regierende Elite feierte sich und ihren Einsatz für die Stadt in repräsentativen Gemälden, hergestellt von den führenden Künstlern. Die traditionelle Selbstverständlichkeit, mit der – auch durch diese Werke – der Begriff ‚Goldenes Zeitalter‘ in den Niederlanden bis vor wenigen Jahren angewendet wurde, ist brüchig geworden. Unsere Ausstellung reagiert auf diese Veränderung, indem sie auch jene Menschen der Stadt vorstellt, die zu dieser Zeit als ‚nicht bildwürdig‘ galten und deswegen in vielen Gemälden kaum porträthafte Spuren hinterlassen haben. Es ist dennoch eine überfällige und lohnenswerte Suche, mit der wir Rembrandts Amsterdam besser verstehen lernen“, erläutert Jochen Sander, Kurator der Ausstellung, Stellvertretender Direktor und Sammlungsleiter für Holländische, Flämische und Deutsche Malerei vor 1800 am Städel Museum.