(τύφλωσίς, I) eine rekomposition nach sophokles
Thomas Köck
Inszenierung Dariusch Yazdkhasti Bühne und Kostüme Julia Hattstein Musik und
Leitung Sprechchor Vivan Bhatti Dramaturgie Franziska Eisele Mit Oliver Baierl /
Nicole Lippold / Ronja Oehler / Rosalia Warnke / Thomas Wehling / Faris Yüzbaşıoğlu /
Bürger*innenchor
Nächste Termine 21.09. / 24.09. / 27.09. / 10.10. / 18.10. / 20.10. / 29.10. / …
Karten T. 0521 51 5454 // www.theater-bielefeld.de
Foto: Joseph Ruben
Europa sieht seine Demokratie in Gefahr: der Zulauf zu rechtsextremen Parteien, die
wirtschaftliche Rezession, zunehmende globale politische Spannungen. Für andere Teile
der Welt sieht Europa dagegen ganz anders aus: ein Elysium, ein Zufluchtsort vor Krieg,
Verfolgung, Hunger und Armut. Und so diskutiert Europa über seine Werte von Mensch
lichkeit, Gleichheit und Freiheit, über den Erhalt von Frieden und Demokratie, während
an seinen immer stärker befestigten Grenzen täglich Menschen sterben. Diese kognitive
Dissonanz nimmt das Theater Bielefeld zur Eröffnung der Schauspielsparte im Stadtthea
ter mit Thomas Köcks »antigone. ein requiem« in den Blick – mit einem monumentalen
Bühnenbild und einem Sprechchor aus dreißig Bürger*innen.
An den Stränden Thebens türmen sich die Leichen. Zahllose, anonyme, fremde Körper –
Ertrunkene, an die Ufer Europas gespült. Wessen Tote sind das? Während die überfor
derten Bürger*innen der Stadt sich noch fragen, wen diese Toten etwas angehen, sieht
Herrscher Kreon den fragilen Frieden und die demokratische Ordnung bedroht. Das
Gesetz sagt, die Leichen sollen, in schlichte Säcke verpackt, liegen bleiben, wo sie sind.
Doch da schleppt Antigone die aufgequollenen Leiber in die Stadt und fordert eine
menschenwürdige Bestattung. Ein Streit um staatliche Rechtsordnung und subjektives
Rechtsempfinden entbrennt.
Thomas Köcks »rekomposition« von Sophokles Tragödie lädt das antike Personal mit
zeitgenössischer Bedeutung auf. Mit feinem Humor und sprachlicher Finesse seziert er
den Konflikt zwischen Gesetz und Moral, Idealismus und Realpolitik und eröffnet uns
mittels eines tausende Jahre alten Mythos eine neue Perspektive auf uns und unsere
Zeit. Müssen wir unsere Werte verteidigen, damit sie nicht zerstört werden? Oder
zerstören wir unsere Werte gerade dadurch, dass wir sie verteidigen?
INSZENIERUNG
Dariusch Yazdkhasti, 1973 in Krefeld geboren und dort sowie im Iran aufgewachsen,
studierte zunächst Philosophie und Kunstgeschichte in Köln und wechselte dann zum
Studiengang Schauspielregie an die Universität Hamburg. Er war Stipendiat des interna
tionalen Forums des Berliner Theatertreffens und belegte an der LMU die Weiterbildung
Theater- und Musikmanagement. Seit 1997 entstanden zahlreiche Regiearbeiten. Er ar
beitete u.a. an der Studiobühne Köln, dem FFT Düsseldorf, Kampnagel Hamburg, am
Thalia Theater, in Osnabrück, Heidelberg, am Staatstheater Mainz, am Staatstheater
Braunschweig, am Staatstheater Kassel und am Theater Kiel, wo er auch ab 2009 als
Hausregisseur tätig war.
Mit Beginn der Spielzeit 2018/19 wurde er Hausregisseur am Theater Bielefeld, mit dem
ihn eine langjährige Zusammenarbeit verbindet. Seit der Spielzeit 2021/22 ist er hier
Schauspieldirektor. Seine Inszenierung von »Konstellationen«, die 2017 zum NRW
Theatertreffen eingeladen wurde und den Preis für die beste Inszenierung sowie den
Publikumspreis erhielt, war sieben Jahre auf dem Spielplan. Zuletzt inszenierte Dariusch
Yazdkhasti in Bielefeld u. a. die Romanadaptionen »Ellbogen« von Fatma Aydemir,
»Text« von Dmitry Glukhovsky, »Neujahr« von Juli Zeh und »Mephisto« von Klaus Mann,
die Weihnachtsmärchen »Aladin und die Wunderlampe« und »Pinocchio«, die Urauffüh
rung von Dominik Buschs »Deinen Platz in der Welt« sowie »Stolz und Vorurteil*(*oder
so)«, Florian Zellers »Vater«, Schillers »Kabale und Liebe« und Shakespeares »Was ihr
wollt«.
BÜHNE UND KOSTÜME
Julia Hattstein absolvierte nach Assistenzen am Bayerischen Staatsschauspiel in Mün
chen eine Ausbildung zur Theaterplastikerin an den Münchner Kammerspielen sowie ein
Studium für Bühnen- und Kostümbild an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei
Prof. Volker Pfüller. Ausstattungsarbeiten führten sie u. a. an das Theater Erlangen, wo
sie als Ausstattungsleiterin arbeitete, an das Schauspiel Hannover, das Hessische
Staatstheater Wiesbaden und das Deutsche Theater Göttingen.
In den vergangenen Jahren arbeitete sie immer wieder an der Berliner Komödie am
Kurfürstendamm und Vagantenbühne, dem Theater für Niedersachsen, dem Theater
Bielefeld sowie dem Maxim Gorki Theater Berlin, dem Staatstheater Cottbus, dem
Staatstheater Braunschweig sowie am Schauspiel Frankfurt. In Bielefeld stattete sie
zuletzt die Familienstücke zur Weihnachtszeit »Der gestiefelte Kater«, »Die Schnee
königin«, »Aladin und die Wunderlampe«, »Der Zauberer von Oz« und »Pinocchio« aus
sowie das Musical »Die spinnen, die Römer!« und Dariusch Yazdkhastis Inszenierungen
von Florian Zellers »Vater«, Schillers »Kabale und Liebe« und Shakespeares »Was ihr
wollt« aus.
MUSIK UND LEITUNG SPRECHCHOR
Vivan Bhatti, geboren 1975 in Bielefeld, studierte Musik an der Hochschule für Musik
und Theater in München und der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf. Er ist als
freischaffender Komponist, Gitarrist und Theatermusiker tätig. Mit seinem Bruder Ketan
Bühnen und Orchester der Stadt Bielefeld · Brunnenstraße 3 – 9 · 33602 Bielefeld
Intendanz: Michael Heicks · Nadja Loschky / Verwaltungsdirektorin: Stefanie Niedermeier
Bhatti bildet er ein Kompositions- und Produktionsteam im Grenzbereich zwischen
neuer, elektronischer und populärer Musik. Zusammen vertonten sie die jüngsten
Verfilmungen von Wedekinds »Frühlings Erwachen« und Büchners »Woyzeck«. Ihre
erste Oper »Discount Diaspora« mit einem Libretto von Feridun Zaimoglu und Günter
Senkel wurde 2011 an der Neuköllner Oper in Berlin uraufgeführt. Das Projekt »Red Bull
Flying Bach«, für das sie die Musik beisteuerten, erhielt 2010 den Echo Klassik Sonder
preis. Vivan Bhattis Musik ist fester Bestandteil der Inszenierungen von Nuran David
Calis (u. a. am Deutschen Theater Berlin, Schauspiel Köln, Staatstheater Dresden).
Zuletzt schrieb er, zusammen mit Ketan Bhatti, die Musik zu Nuran Calis Inszenierung
von »Gold – Der Film der Nibelungen« von Albert Ostermeier (Nibelungenfestspiele
2016, Worms). Ihre Oper »Das schwarze Wasser« nach dem gleichnamigen Theaterstück
von Roland Schimmelpfennig wurde 2016 an der Neuköllner Oper uraufgeführt.
Gemeinsam mit Ketan Bhatti schrieb er zudem die Musik zu »Berlin Alexanderplatz«, das
2022 erstmals als Musiktheaterstück am Theater Bielefeld uraufgeführt wurde.
BESETZUNG
ANTIGONE Rosalia Warnke
ISMENE Ronja Oehler
KREON Thomas Wehling
BOTE Faris Yüzbaşıoğlu
HAIMON Omar El-Saeidi
EURYDIKE Nicole Lippold
TEIRESIAS Oliver Baierl