Lyrische Szenen von Pjotr Tschaikowsky
Weitere Vorstellungen: 29.12.2022 / 29.1. / 5.2. / 24.3.2023
Fotos Matthias Jung
Besetzung und Termine
Eugen Onegin
Lyrische Szenen von Pjotr Tschaikowsky in russischer Sprache mit dt. Übertiteln
Musikalische Leitung György Mészáros
Inszenierung Konstanze Kappenstein
Bühne Markus Meyer
Kostüme Maren Steinebel
Dramaturgie Anna Neudert
Licht Carsten Lenauer
Chor Francesco Damiani Larina,
Gutsbesitzerin Brigitte Bauma
Tatjana Emily Dorn
Olga Dorothee Bienert
Filipjewna, Amme Irina Meierding
Eugen Onegin Jakob Kunath
Lenski Stephen Chambers
Fürst Gremin Irakli Atanelishvili / Seungweon Lee
Saretzkij Ognjen Milivojsa / Florian Zanger*
Triquet, ein Franzose Nando Zickgraf
* Mitglied im Opernstudio Symphonisches Orchester,
Opernchor und Extra-Chor,
Statisterie des Landestheaters Detmold
Handlung 1. Akt Tatjana
Tatjana lebt mit ihrer Schwester Olga, ihrer Amme und ihrer Mutter Larina zusammen auf einem Landgut. Tatjana ist ein zurückhaltendes, grüblerisches Mädchen, das sich beim Lesen gerne in andere Welten träumt. Als Lenski, der Verlobte Olgas, den Damen seinen Freund Onegin vorstellt, verliebt sich Tatjana mit der Wucht der ersten großen Liebe in Onegin und projiziert all ihre Wünsche und Sehnsüchte auf diesen fremden, gutaussehenden Mann. Sie fasst sich ein Herz und schreibt Onegin einen Liebesbrief. Doch Onegin kann Tatjanas Liebe nicht erwidern und Tatjana wird überwältigt vom Schmerz der ersten unerfüllten großen Liebe
2. Akt Lenski
Im Hause der Larins wird zu Ehren von Tatjanas Namenstag ein großes Fest gegeben, zu dem auch Lenski und Onegin eingeladen sind. Tatjanas Herz ist gebrochen, sie kann die feiernde Gesellschaft kaum ertragen. Onegin hingegen ist gelangweilt von der Kleingeistigkeit der Provinzler*innen und feiert ausgelassen mit Olga, der Verlobten seines Freundes Lenksi, der rasend vor Eifersucht wird. Der Konflikt zwischen den beiden eskaliert unter den beobachtenden Blicken der versammelten Festgesellschaft und kulminiert in Lenskis Aufforderung zum Duell. In diesem Duell wird Lenski durch eine Kugel aus Onegins Pistole tödlich getroffen
3. Akt Onegin
Jahre sind vergangen. Onegin kehrt nach Jahren der Wanderschaft in seine Heimat zurück. Der Duell-Tod seines Freundes Lenski lastet schwer auf seiner Seele. Onegin ist zu einem Ball bei Fürst Gremin eingeladen. In der eleganten Erscheinung von Gremins Angetrauter erkennt Onegin Tatjana wieder. Tatjana ist seit zwei Jahren Gremins Frau, der sie innbrünstig und aufrichtig liebt. Der Anblick Tatjanas lässt in Onegin die Geister der Vergangenheit erwachen, Erinnerungen an die Zeit vor Lenskis Tod werden wach und er offenbart Tatjana seine Liebe. Auch Tatjana liebt Onegin noch immer. Doch sie hat sich für die Ehe mit Gremin entschieden und steht zu ihrem Wort. Sie nimmt für immer Abschied von Onegin. Die bittere Erkenntnis Tatjana für immer verloren zu haben ist für Onegin kaum auszuhalten. Ihm entfährt verzweifelt die Worte »Schande! … Wehmut! … O welch‘ bittres Los!« Er bleibt allein zurück.
Alexander Puschkin
Alexander Sergejewitsch Puschkin zählt mit zu den bedeutendsten Dichtern und Schriftstellern Russlands, der auch weit über die Grenzen Russlands hinaus bekannt ist. Geboren wurde Puschkin, der väterlicherseits einem alten Adelsgeschlecht entstammte, am 6. Juni 1799 in Moskau. Sein Status als russischer Dichter und Denker ähnelt dem Goethes. Es war Puschkins Verdienst, der russischen Sprache den Status einer anerkannten Literatursprache zu verleihen. Bis dahin hatte der Adel Französisch oder Deutsch gesprochen, Russisch sprach nur das einfache Volk. Er »verwandelte den Rohstoff der Sprache in ein kostbares Edelmaterial, welches nach ihm allen anderen zugänglich wurde« (Juri Semjonow). Puschkin war Publizist, Historiker, schillernder Lebemann, mutiger Freidenker und Mitglied einer angeblich revolutionären Gruppe, zeitweise lebte er vom Zaren aus St. Petersburg verbannt in ländlicher Einsamkeit. Sein »Eugen Onegin« gilt als Meilenstein der russischen Literaturgeschichte, als »Enzyklopädie des russischen Lebens«, als erster russischer Gesellschaftsroman. Er starb im jungen Alter von 38 Jahren am 10. Februar 1837 an den Folgen eines Duells.
Pjitr Iljitsch Tschaikowsky
Tschaikowsky zählt mit zu den Komponisten, denen die russische Musik ihre internationale Bedeutung verdankt. Seine Sinfonien, Opern und Ballette sind fester Bestandteil auf den Spielplänen internationaler Konzert- und Opernhäuser. Seine ersten musikalischen Erfahrungen begann Tschaikowsky im zarten Alter von vier Jahren zu sammeln. Beruflich schlug er jedoch zunächst den Weg einer Beamtenlaufbahn ein, besuchte die Rechtsschule in St. Petersburg und wurde Sekretär im Justizministerium. Nach wenigen Jahren der Berufstätigkeit, beschloss er, doch Berufsmusiker zu werden und trat in das neugegründete St. Petersburger Konservatorium ein, das von Anton Rubinstein geleitet wurde. 1865 wird er als erster Professor für Harmonielehre ans Moskauer Konservatorium berufen, diesen Posten gab er 1878 auf und konnte sich von nun an nur noch dem Komponieren widmen. Eine Verehrerin seiner Musik, Nadeshda von Merck, garantierte ihm eine lebenslange Jahresrente. Die beiden pflegten eine intensive Brieffreundschaft, sind sich aber wohl nie persönlich begegnet. Musikalische Inspiration schöpfte er aus der Volksmusik seiner Heimat und ließ sich auf vielen Reisen auch von der Musik des Westens / Europas inspirieren. Seine Werke zeichnen sich insbesondere durch eine ausdrucksstarke Melodik aus, verbunden mit markanter Instrumentation und einer ausgeklügelten rhythmischen Gestaltung. Insbesondere »in seinen Opern erweist sich Tschaikowsky als Kenner der menschlichen Seele. […] Er findet hier das Gleichgewicht zwischen affektbestimmtem Realismus und sensitiver Lyrik.« (U. Hessler / Opernführer Csampai/Holland)
Auf dem Hohepunkt seiner Karriere war Tschaikowsky ein international anerkannter Komponist und Dirigent und bereiste die ganze Welt. Die letzten Jahre seines Lebens waren überschattet von Depression und Einsamkeit. Er starb 1893, wahrscheinlich an den Folgen einer Cholerainfektion. Es gibt das Gerücht, dass er diese vorsätzlich herbeigeführt hat, nachdem seine Liaison mit einem jungen Aristokraten publik zu werden drohte
Zum Werk
1877 stieß Pjotr Tschaikowsky eher zufällig auf den Puschkin-Stoff als Vorlage eines neuen Bühnenwerkes. Eigentlich saß er gerade an seiner vierten Sinfonie. Doch die unglückliche Liebesgeschichte zwischen der tiefempfindsamen Tatjana und dem Müßiggänger Onegin nahm ihn so gefangen, dass er sofort mit dem Komponieren begann und das Werk innerhalb eines Jahres, parallel zur 4. Sinfonie, fertigstellte. Tschaikowsky wollte keine große Oper im Stile Wagners oder Verdis schreiben, sondern »ein Stück bürgerlichen Alltagslebens und das Gefühlsleben wirklicher Menschen […], drei wenig spektakuläre, beinahe alltägliche Episoden aus Puschkins Roman, die sich so oder ähnlich unzählige Male in der Lebenswelt des russischen Großbürgertums ereignet haben dürften,» (Attila Csampai) auf die Bühne bringen. Tschaikowsky interessierte sich für die echten Gefühle der Menschen seiner Zeit und sparte nicht mit Seitenhieben gegen seine italienischen und deutschen KomponistenKollegen, wie Wagner oder Verdi und deren Opernheldinnen. Wotan, Siegfried, die Walküren oder Aida und Radames hatten und haben nicht viel mit der Lebensrealität des Publikums von heute oder damals gemeinsam – und genau das war Tschaikowsky wichtig, denn er wusste, dass genau das ihm lag: »Mir scheint, dass ich tatsächlich die Gabe besitze, Gefühle, Stimmungen und Bilder, zu denen mich der Text heranführt, wahr, aufrichtig und einfach durch die Musik zum Ausdruck zu bringen.« So gelang es ihm, ein Werk zu schaffen, dass die Kraft besitzt, uns auch heute noch in der Tiefe unserer Herzen zu berühren.